Radsport trainiert auch das Gehirn

26.11.2014 von Tom Leonhardt in Forschung, Wissenschaft
Ein gutes Training strapaziert nicht nur die Muskeln, sondern auch unseren Kopf. In seiner Dissertation hat der Sportwissenschaftler Dr. Sebastian Ludyga untersucht, welchen Effekt verschiedene Trainingsprogramme im Radsport auf unser Gehirn haben. Im Interview erklärt er, wie auch Freizeitsportler davon profitieren können.
Bei Ruhe und während sportlicher Belastung wurde die die Hirnfunktion der Probanden gemessen.
Bei Ruhe und während sportlicher Belastung wurde die die Hirnfunktion der Probanden gemessen. (Foto: privat)

Sie haben sich in Ihrer Arbeit mit „Anpassungen der Hirnfunktion nach Radsporttraining“ beschäftigt. Was bedeutet das genau?

Sebastian Ludyga: Es ist bereits bekannt, dass auch unser Gehirn beim Sport Höchstleistungen vollbringt. Ich wollte untersuchen, ob sich abgesehen von der Muskulatur und des Herz-Kreislauf-Systems auch die Hirnfunktion an ein sportliches Training anpasst. Dazu habe ich mit drei Gruppen von Radsportlern Versuche durchgeführt: Alle Gruppen haben pro Woche über insgesamt vier Stunden ein Training der Grundlagenausdauer absolviert. Zwei Gruppen haben zusätzlich dazu ein Training mit sehr hohen oder niedrigen Trittfrequenzen durchgeführt. Vor und nach der Trainingsphase von vier Wochen haben wir jeweils Labortests durchgeführt, bei denen mittels Elektroenzephalografie (EEG) die Hirnfunktion in Ruhe und während sportlicher Belastung erfasst wurde.

Welche Rolle spielt unser Gehirn beim Sport?

Wie der Rest unseres Körpers steht das Gehirn während sportlicher Aktivitäten unter Belastung und verbraucht damit Energie. Zwischen der Ermüdung des Gehirns und des Körpers besteht ein Zusammenhang. Das ist eine Art Selbstschutzmechanismus, der bei hohen Belastungen eine geringere Aufmerksamkeit zur Folge haben kann. Deswegen kommt es zum Beispiel gegen Ende eines Rennens, wenn die Sportler ermüden, auch häufiger zu Unfällen.

Was haben Sie herausgefunden?

Die Sportler, die bei einer hohen Trittfrequenz trainiert haben, konnten nach wenigen Wochen die gleiche Leistung mit einer geringeren Hirnaktivität erbringen. Zudem war der für die Ermüdung stehende Abfall der Hirnleistung zum Ende des Tests nicht mehr zu beobachten. Das Gehirn hat sich also eine neue Strategie gesucht, um die Belastung besser bzw. ökonomischer zu bewältigen. Diese Veränderungen konnten wir im EEG der Testpersonen nachweisen. Und das hat wiederrum Vorteile für die Leistungsfähigkeit, da dem Gehirn während Belastung somit mehr Ressourcen zur Verfügung stehen.

Die Dissertation ist im Verlag Dr. Kovac erschienen.
Die Dissertation ist im Verlag Dr. Kovac erschienen.

Welche Bedeutung hat diese Erkenntnis für Hobbysportler?

Sportler können neben dem Körper auch das Gehirn trainieren, wenn sie hohe Bewegungsfrequenzen in das Trainingsprogramm einbauen. Dadurch wird die sogenannte neuronale Effizienz des Gehirns gefördert. Für Freizeitsportler könnte das möglicherweise noch einen größeren Effekt haben. Hier lassen sich womöglich spezielle Trainingsprogramme entwickeln, um speziellen Erkrankungen des Gehirns, beispielsweise Demenzen, durch eine Verbesserung der Hirnfunktion vorzubeugen oder zu verzögern. Dafür müssten natürlich das Trainingsprogramm angepasst und weiterführende Studien durchgeführt werden.

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