Zuckersüße Forschung

13.08.2013 von Michael Deutsch in Forschung, Wissenschaft
Wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten ist oft müh­sam und kein Zucker­schle­cken. Doch die­ses Mal ver­spricht ein For­schungs­ob­jekt an der Martin-Luther-Universität zucker­süß zu sein: Es geht um den Zucker. Dr. San­dra Peter­sen und Lebens­mit­tel­che­mi­ke­rin Ste­fa­nie Selb­mann vom Zen­trum für Inge­nieur­wis­sen­schaf­ten koope­rie­ren mit der Lebens­mit­tel­firma Gries­son - de Beu­kelaer GmbH & Co. KG. Obwohl der Zucker schon eine Ewig­keit in den Lebens­mit­teln ver­ar­bei­tet wird, kommt es offen­sicht­lich immer noch zu erheb­li­chen Pro­ble­men bei der indus­tri­el­len Massen-fertigung von Lebens- und Genuss­mit­teln. So auch bei der Keks­pro­duk­tion.
Volle Puste: Dr. Sandra Petersen (links) und Stefanie Selbmann vom Zentrum für Ingenieurwissenschaften nehmen derzeit den Stärkepuderzucker unter die Lupe.
Volle Puste: Dr. Sandra Petersen (links) und Stefanie Selbmann vom Zentrum für Ingenieurwissenschaften nehmen derzeit den Stärkepuderzucker unter die Lupe. (Foto: Michael Deutsch)

Das ist natür­lich alles eine Frage des Maß­stabs. „Wenn man große Men­gen her­stellt, die gesam­ten Abläufe auf För­der­bän­dern statt­fin­den, ange­fan­gen von der Rezeptur-Umsetzung bis zur Gar­nie­rung mit Zucker­streu­seln, muss ver­fah­rens­tech­nisch alles opti­mal abge­stimmt sein“, sagt Lehr­stuhl­in­ha­ber Pro­fes­sor Joa­chim Ulrich, der als Kris­tal­li­sa­ti­ons­ex­perte das Pro­jekt betreut. So spricht er auch von einer durch­aus anspruchs­vol­len wis­sen­schaft­li­chen Her­aus­for­de­rung, die Qua­li­täts­si­che­rung bei der Mas­sen­pro­duk­tion aus ver­fah­rens­tech­ni­scher Sicht unter die Lupe zu neh­men und der Wirt­schaft Emp­feh­lun­gen zu geben.

„Das fach­li­che Wis­sen, bes­ser noch das stoff­li­che Wis­sen, ist nicht hin­rei­chend für sol­che Vor­gänge über­setzt“, sagt der 62-Jährige aus Beob­ach­tung. Zucker ist nicht gleich Zucker. Neben der Sac­cha­rose, dem Zwei­fach­zu­cker, tau­chen hier auch die Zuckerbei- und Spalt­pro­dukte, wie Glu­cose und Fruc­tose als Ein­fach­zu­cker auf. Durch die hydro­ly­ti­sche Spal­tung des Zuckers von einem Disac­cha­rid in ein Mono­sac­cha­rid änder­ten sich auch die phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten. Etwa die Dichte oder die Vis­ko­si­tät. „Wenn zum Bei­spiel die Lösung zäher wird, lässt es sich schwe­rer pum­pen und der Zucker kann schlech­ter dosiert wer­den.

Bremst man die Kris­tal­li­sa­ti­ons­nei­gung von Zucker oder ver­stärkt sie, hat das eben­falls Aus­wir­kun­gen auf den Pro­duk­ti­ons­pro­zess - genau wie die Korn­grö­ßen der Kris­talle eine wesent­li­che Rolle spie­len“, sagt Ulrich. „Wenn bei­spiels­weise Zucker agglo­me­riert, sich quasi viele Körn­chen zusam­men­la­gern, würde man spä­ter auf große Zucker­klum­pen bei­ßen. Dann würde man nicht mehr Keks, son­dern Zucker schme­cken. Unsere Zunge nimmt alles, was grö­ber ist, als Ein­zel­stoff wahr. So auch den Zucker­klum­pen im Keks.“, ver­ein­facht er ein wesent­li­ches Pro­blem bei der Keksproduktion.

Mit sol­chen und vie­len ande­ren Fra­ge­stel­lun­gen rundum den gezu­cker­ten Keks beschäf­ti­gen sich Dr. San­dra Peter­sen und Ste­fa­nie Selb­mann. Auch der Koope­ra­ti­ons­part­ner „Gries­son - de Beu­kelaer“ hatte Pro­bleme im Produktions-Prozess ange­mel­det und holt sich nun bei den Wis­sen­schaft­lern Rat. „Die Anlage muss regel­mä­ßig ange­hal­ten und gerei­nigt wer­den, weil die Zucker­lö­sun­gen dick­flüs­si­ger wer­den und die Pum­pen an ihre Grenze kom­men“, erzählt Dr. San­dra Peter­sen. Doch es geht nicht nur um schnelle Lösun­gen. „Wir ver­su­chen gene­rell die Pro­blem­stel­lun­gen zu abstra­hie­ren, um ein­fach die Abläufe bes­ser zu ver­ste­hen“, sagt Ste­fa­nie Selb­mann. Das Wis­sen dar­über fließe näm­lich zugleich in ihre Dok­tor­ar­beit ein.

Die wis­sen­schaft­li­che Leis­tung hat es dabei in sich. Die Erwar­tun­gen der Indus­trie sind dem­ent­spre­chend hoch. So will die Firma „Gries­son - de Beu­kelaer“ mit­hilfe der Ergeb­nisse den Produktions-Prozess einer­seits bes­ser ver­ste­hen, um sicher zu sein, wo sich die Tech­no­lo­gie künf­tig hin­be­we­gen wird. Außer­dem geht es darum, Her­stel­lungs­tech­no­lo­gien wei­ter zu opti­mie­ren und die Umstel­lung auf neue Keks-Sorten in Mas­sen­fer­ti­gung ver­fah­rens­tech­nisch zu ver­ein­fa­chen. Das For­schungs­pro­jekt am Zen­trum für Inge­nieur­wis­sen­schaf­ten läuft zwei Jahre.

Schlagwörter

Joachim Ulrich

Kommentar schreiben

Auf unserer Webseite werden Cookies gemäß unserer Datenschutzerklärung verwendet. Wenn Sie weiter auf diesen Seiten surfen, erklären Sie sich damit einverstanden. Einverstanden