Hochschulmedizin: „Halle bleibt!“

25.04.2013 von Corinna Bertz in Hochschulpolitik, Campus
Stürmische Zeiten am Universitätsklinikum Halle (UKH): „Wir waren letzte Woche Gegenstand der Kabinettspolitik, Begutachtungsobjekt des Wissenschaftsrats und standen im Fokus der Medien", fasste Dekan Professor Michael Gekle die Ereignisse zusammen. Das habe für Emotionen und Ängste gesorgt. Um über die aktuellen Entwicklungen zu informieren und sich darüber auszutauschen, hatte der Klinikumsvorstand am 24. April zur Vollversammlung geladen.
Nicht alle Anwesenden fanden in den Hörsälen zur Vollversammlung Platz. Über Lautsprecher erreichte man auch diejenigen, die auf den Gängen standen.
Nicht alle Anwesenden fanden in den Hörsälen zur Vollversammlung Platz. Über Lautsprecher erreichte man auch diejenigen, die auf den Gängen standen. (Foto: UKH)

Mehr als 1000 Studierende und Beschäftige - viele im weißen Arbeitskittel - waren dem Aufruf gefolgt. Nicht alle passten in die beiden größten Hörsäle des Klinikums, in den Gängen davor standen sie knapp zwei Stunden lang dicht gedrängt vor den aufgestellten Lautsprechern. Der Dekan kam gleich auf das zu sprechen, was alle hören wollten: „Unsere Überzeugung ist ganz klar: Dieser Standort bleibt bestehen!" Warum das UKH eine Zukunft hat, das werden Gekle und viele Medizinstudierende und Beschäftigte in diesen Tagen nicht müde zu wiederholen - „bis es uns zu den Ohren herausquillt", wie ein Fachschaftsvertreter sagt.

„Nur zwei Medizinische Fakultäten in Sachsen-Anhalt können den Bedarf an Ärzten decken", heißt es in einem Informationsblatt, in dem das Klinikum viele Argumente zusammengetragen hat. Es gelte, Studenten anzulocken und Ärzte zu halten, um die Gesundheitsversorgung des südlichen Sachsen-Anhalts zu sichern. „Wir dürfen hier nicht das Gegenteil machen“, warnte Michael Gekle. Alleinstellungsmerkmale wie die Gesundheits- und Pflegewissenschaften, interdisziplinäre Forschung wie sie am Krukenberg-Krebszentrum stattfindet, das einzige zahnmedizinische Institut im Land, die bundesweit renommierte Epidemiologie und die fachärztliche Versorgung seien unverzichtbar.

„Jetzt ist die Zeit für ein Bekenntnis zu einem Standort, der eine Zukunft hat!“, so Gekle. In einer Resolution, die an diesem Nachmittag verabschiedet wurde, forderten die Anwesenden den Fortbestand der Universitätsmedizin in Halle. Bis zum Ende der Veranstaltung kamen fast 2000 Unterschriften für den Erhalt des Standorts zusammen. Zugleich signalisierte der Dekan Gesprächsbereitschaft gegenüber der Landesregierung. „In Magdeburg und Halle sind Strukturanpassungen notwendig, aus denen beide Standorte gestärkt hervorgehen.“ Mit eigenen Konzepten wolle der Vorstand aktiv zu diesem gestalterischen Prozess beitragen.

Wie schon 2009 hat der Besuch des Wissenschaftsrats und die politische Diskussion Studierende und Beschäftigte in Unruhe versetzt. Damals hatte der Wissenschaftsrat die Universitätsmedizin begutachtet und Auflagen verfasst, die bis 2013 erfüllt werden sollten. Michael Gekle konnte nicht konkret über die Gespräche mit dem Wissenschaftsrat informieren, deutete aber an: „Aus diesen Gesprächen sehen wir den Standort bestärkt!“ Zum 9. Juli wird die Stellungnahme des Wissenschaftsrats erwartet. Drei Tage später soll das Gutachten des Gremiums zur Entwicklung aller Hochschulen im Land vorliegen.

„Mit Herzblut“ für den Standort

„Diese zweite Krise wird uns helfen, eine Einheit zu werden“, sagte Studiendekan Professor Dieter Körholz. Personalrats- und Fachschaftsvertreter riefen nachdrücklich zu Protesten auf. Gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi plant die Fachschaft Medizin in der kommenden Woche eine Kundgebung und Protestaktion auf dem Marktplatz. Zurzeit warte man noch auf die Genehmigung für den Termin. „Wir müssen bis Ende Mai Aktionen auf die Beine stellen, denn dann werden bei der Haushaltsklausur des Kabinetts die ersten Weichen gelegt“, sagte Bertolt Marquardt, stellvertretender Personalratsvorsitzender. „Mobilisieren Sie diese Stadt, dann werden wir Erfolg haben!“, forderte auch Dieter Körholz die Anwesenden auf. Mehrmals nannte Gekle die Proteste in Lübeck als Vorbild. „Wir sollten mit ebensoviel Herzblut wie die Lübecker Kollegen für diesen Standort eintreten. Die Universitätsmedizin Halle hat eine Zukunft!“

Zur selben Zeit tagte gestern der Stadtrat von Halle. Viele Studierende und Angehörige der Universität verfolgten die öffentliche Sitzung. Alle Fraktionen sprachen sich in einem gemeinsamen Beschluss gegen die geplanten Kürzungen an den Hochschulen und am Universitätsklinikum aus. Der Beschluss im Wortlaut.

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