Konstruierte Normalität?

19.03.2015 von Diana Schlinke in Studium und Lehre, Campus
Die Ethnologie-Studentin Lisa Bendiek, 26, ist seit etwas mehr als zwei Jahren bei der studentischen Gruppe que(e)r_einsteigen aktiv. Sie sagt: „Ich finde, es gibt auf der ganzen Welt zu wenig Feminismus und zu wenig queere Kritik.“ Um das zu ändern, veranstaltet die Gruppe eine Vorlesungsreihe, Workshops und mehr. In der Reihe über studentische Gruppen aus Halle stellt Diana Schlinke que(e)r_einsteigen vor.
Fotoaktion "Wer braucht Feminismus?" von queer_einsteigen und der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt
Fotoaktion "Wer braucht Feminismus?" von queer_einsteigen und der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt (Foto: Jasmin Mittag)

Die Gruppe que(e)r_einsteigen ist 2007 aus einem Einführungsseminar zur „Queer-Theorie“ hervorgegangen. Ein paar Studierende haben sich am Ende des Seminars zusammengeschlossen, um sich weiterhin mit queeren Themen auseinanderzusetzen. Im weiteren Sinne ist queer die kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Unterdrückungskategorien. Diese Kategorien beziehen sich zum Beispiel auf Geschlecht, Sexualität, Aussehen, Ethnizität, Klasse und Behinderung. Das Ziel sei, offenzulegen, dass alle Kategorien historisch gewachsen und aus gesellschaftlichen Verhältnissen entstanden seien, schreibt die Gruppe auf ihrem Blog queereinsteigen.wordpress.com. Seit 2012 ist que(e)r_einsteigen ein offizieller Arbeitskreis (AK) des Studierendenrats der Uni Halle. Zurzeit organisieren etwa acht junge Frauen für jedes Wintersemester eine Vorlesungsreihe bestehend aus acht bis zehn Vorlesungen.

Zu den Vorlesungen werden stets Gäste eingeladen, die einen Vortrag halten. Die meisten von ihnen arbeiten an Universitäten und beschäftigen sich wissenschaftlich mit dem jeweiligen Thema. Manchmal lädt que(e)r_einsteigen aber auch Referentinnen ein, die eher einen aktivistischen Hintergrund haben. Im Schnitt kommen circa 60 Besucher zu den Vorlesungen. Das Interesse hänge vom Thema ab, meint Lisa. „Zum Vortrag ‚Wie Lesben in den deutschen Medien (nicht) dargestellt werden‘ im November 2014 waren fast 70 Gäste da, aber zur Filmvorführung ‚Das Recht auf Abtreibung‘ im Dezember waren es nur 30 oder 40“, sagt sie.

Darüber hinaus veranstaltet die Gruppe Workshops, Podiumsdiskussionen und Infoabende. In den letzten zwei Jahren hat sie sich am Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie beteiligt, der stets am 17. Mai stattfindet. „Da sind wir dieses Jahr wieder in dem Bündnis aktiv, das auf dem Markt eine Kundgebung und Aktionen organisiert“, sagt Lisa. Letztes Jahr gab es in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung eine Straßenaktion zum Thema „Wer braucht Feminismus“. Lisa erzählt: „Da konnte jeder aufschreiben, warum er oder sie Feminismus braucht, und sich damit fotografieren lassen.“ Für das Sommersemester 2015 sind ein bis zwei Lesungen mit queeren Thematiken geplant.

Lisas gewünschtes Ziel des Arbeitskreises ist es, „ein Veranstaltungsangebot zu schaffen, mit dem Menschen einen Zugang zu queeren Themen bekommen und im weitesten Sinne Normen, mit denen sie aufgewachsen sind und die etwas selbstverständliches haben, zu hinterfragen und die Sicht der Dinge auf den Kopf zu stellen.“

Doch neben dem Interesse an der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen und Machtverhältnissen bietet die Gruppe auch die Möglichkeit, Gleichgesinnte zu finden. „Wir treffen uns auch manchmal über den Arbeitskreis hinaus. Für mich ist es wichtig, dass ich das Gefühl habe, mit anderen Menschen ein Interesse und eine bestimmte Sicht auf die Welt zu teilen“, so Lisa.

Die Mitglieder des AK kommen aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen. Jeder darf dazukommen, egal, was er studiert – selbst wenn er oder sie nicht (mehr) studiert. „Wir freuen uns immer über Interessierte!“ Wer mitmachen möchte, kann eine E-Mail schreiben und sich über das nächste Treffen informieren: queereinsteigen.halle@gmail.com

Teil 1 der Serie: malTHEanders

Teil 2 der Serie: hastuzeit

Teil 3 der Serie: SFi

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