Alumnitreffen in Ulan-Bator: Ein Gefühl von „Zuhause“

26.05.2014 von Bert-Morten Arnicke in Varia, Personalia
Es wird deutsch gesprochen an diesem Abend im „AER Club“ von Ulan-Bator. Zum ersten Mal treffen sich die mongolischen Alumni Halenses auf Einladung der Martin-Luther-Universität in der Hauptstadt der Mongolei. Unter ihnen ist auch die ehemaligen Verfassungsrichterin Prof. Dr. Sarantuya Tserenbaltav. Mit ihr hat Bert-Morten Arnicke über ihre Zeit als Doktorandin in Halle gesprochen.
"Ich habe mich nie wie im Ausland gefühlt, denn meine Kollegen gaben mir ein Gefühl von Zuhause", sagt Prof. Dr. Sarantuya Tserenbaltav über ihre Zeit an der Universität Halle.
"Ich habe mich nie wie im Ausland gefühlt, denn meine Kollegen gaben mir ein Gefühl von Zuhause", sagt Prof. Dr. Sarantuya Tserenbaltav über ihre Zeit an der Universität Halle. (Foto: Bert-Morten Arnicke)

Der ehemaliger Botschafter, eine Verfassungsrichterin, ein Ex-Gesundheitsminister, Professoren der Nationalen Universität – die Liste wichtiger Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Kultur ließe sich weiter fortsetzen. Es wird deutsch gesprochen am Abend des ersten Treffens der mongolischen Alumni halenses im „AER Club“ im Zentrum von Ulan-Bator. Rund 60 Ehemalige sind der Einladung der Martin-Luther-Universität gefolgt, darunter auch einige Absolventen der Hochschule Merseburg und der Universität Leipzig.

Die Stimmung ist prächtig, nach der offiziellen Begrüßung durch Dr. Manja Hussner vom International Office, geht man schnell zum informellen Teil des Abends über. Bei wem haben Sie studiert? Wann waren Sie das letzte Mal in Halle? Wer war Ihr Doktorvater? Kennen Sie …? – der Austausch untereinander und mit der halleschen DAAD-Delegation, geleitet von Prof. Dr. Dr. h. c. Joachim Ulrich, ließ nicht lange auf sich warten.

Die Geschichten rund um die Zeit in Halle sind geprägt von persönlichen Anekdoten und viel Emotion, schließlich hat man eine wichtige Zeit des Lebens in Halle verbracht. Am Abend des Alumni-Treffens bot sich die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Prof. Dr. Sarantuya Tserenbaltav:

Prof. Dr. Galbataar Tuvdendorj, Generalsekretär der Akademie der Wissenschaften der Mongolei, begrüßt die Gäste des Abends.
Prof. Dr. Galbataar Tuvdendorj, Generalsekretär der Akademie der Wissenschaften der Mongolei, begrüßt die Gäste des Abends. (Foto: Bert-Morten Arnicke)

Frau Prof. Sarantuya, wann haben Sie Ihre Studienzeit in Halle verbracht?

Ich habe zwischen 1984 und 1987 an der Martin-Luther-Universität promoviert. In Halle studierten damals viele ausländische Studenten zum Beispiel aus Polen und der damaligen Tschechoslowakei. Natürlich habe ich auch sehr viele deutsche Bekanntschaften gemacht. Als Aspirantin im Bereich des Staats- und Verwaltungsrechts arbeitete ich in der Emil-Abderhalden-Straße. Dort habe ich mich sehr gern in der Bibliothek aufgehalten. Ich erinnere mich auch an eine Bibliothekarin im Löwengebäude, sie hieß Frau Müller und war sehr präzise und ordentlich. Deshalb bin ich dort sehr gern bis in die Nacht hinein geblieben und habe gearbeitet.

Mittlerweile gibt es für die Jura-Studierenden in Halle eine wunderschöne neue Bibliothek am Uni-Platz. Haben Sie die schon einmal gesehen?

Nein, leider nicht. Ich war Anfang 2000 zu Besuch in Halle und hatte das Ziel, meinen Doktorvater zu sehen. Er hatte damals Vorlesungen zum Ausländischen Staatsrecht und zur Allgemeinen Staatslehre gehalten. Ein paar Jahre später habe ich noch einmal versucht, über die Universität Kontakt zu ihm aufzunehmen, musste aber erfahren, dass er mittlerweile verstorben ist.

Ich hatte sehr gute Kollegen und habe interessante Vorlesungen und Seminare besucht. Sehr eng befreundet war ich auch mit meiner Kollegin Sabine Schubert, die heute Rechtsanwältin ist. Ein paar Mal hatte ich auch die Möglichkeit den Kommilitonen etwas über das mongolische Staatsrecht zu erzählen.

Was schätzen Sie rückblickend besonders an Ihrer Zeit in Halle?

Ich habe mich nie wie im Ausland gefühlt, denn meine Kollegen gaben mir ein Gefühl von Zuhause. Natürlich war es für mich am Anfang nicht ganz leicht, weil ich der deutschen Sprache noch nicht mächtig war. Aber ich hatte in Frau Hartmann eine wunderbare erste Deutschlehrerin. Sprachlich habe ich bei null angefangen, anders als die anderen Promovenden, die bereits in Leipzig einen Sprachkurs absolviert hatten. Damals dachte ich, dass ich eine recht sprachbegabte Studentin sei, weil ich auch sehr schnell Russisch gelernt hatte und überall wo ich hinkam, freute ich mich darauf, neue Sprachen zu erlernen. Und so dachte ich, dass ich besser sei als die anderen, musste dann aber in der ersten Deutschstunde lernen, dass ich die Letzte war. Da habe ich mir vorgenommen aufzuholen und meine Deutschlehrerin war sehr stolz, dass ich das geschafft habe.

Ich habe mich in Halle wirklich weiterentwickelt, hatte die Möglichkeit sehr viel Literatur zu lesen und mich mit unterschiedlichsten Professoren verschiedener Länder und Fachgebiete auseinanderzusetzen. Ich bin von Natur aus ein sehr internationaler Mensch und freue mich immer sehr, wenn ich in Deutschland bin, weil ich mich dort heute noch zuhause fühle und mittlerweile auch einiges von der deutschen Mentalität übernommen habe.

Was schätzen Sie an der deutschen Mentalität?

Die Korrektheit, die Pünktlichkeit und die Zuverlässigkeit. Ich hatte Glück, so viele Deutsche zu treffen, die immer zuverlässig gewesen sind. Meine mongolischen Landsleute sind sehr gutmütig und hilfsbereit, aber eben nicht immer so zuverlässig und pünktlich. Aus den Eigenschaften von Mongolen und Deutschen könnte möglicherweise ein idealer Mensch entstehen …

Was verbinden Sie mit der Stadt Halle?

Insgesamt habe ich sehr gute Erinnerungen an meine Zeit in Halle. Von Natur aus bin ich ein sehr braver Mensch und mochte es immer, im Lesesaal zu sitzen und zu arbeiten. Sehr gern habe ich den Botanischen Garten besucht oder bin ins Theater gegangen, gern auch ins Kinder- und Jugendtheater in der Puschkinstraße. Da gab es eine einfache Sprache und ich konnte meine Deutschkenntnisse verbessern. In Halle habe ich dann auch Schwimmen gelernt. In der Mongolei gibt es keinen Meereszugang und zur damaligen Zeit auch keine Schwimmbäder und deshalb war es sehr besonders für mich, mit meinen Freunden in Halle schwimmen zu gehen, meistens im Sommer in einem See.

Und natürlich habe ich Weihnachten und Silvester so gefeiert, wie das in Deutschland üblich ist. Ich habe mehrere deutsche Familien besucht, als im Frühling Ostereier versteckt wurden. Das war für mich sehr interessant. Die Zeit in Halle war für mich einerseits sehr lehrreich andererseits sehr reich an Eindrücken und Erfahrungen.

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