"Das Chaos unter Kontrolle halten"

04.10.2011 von Corinna Bertz in Im Fokus
Dass Norbert Schirrmeister seine Arbeitszeit nicht im Büro verbringt, sieht man auf den ersten Blick. Wer dem braungebrannten jungen Mann im Botanischen Garten begegnet, wird ihn zunächst um sein blühendes Arbeitsreich beneiden. Spätestens beim nächsten Dauerregen oder bei den ersten Minusgraden möchte man dann aber lieber nicht mit dem Freilandgärtner tauschen. Im August 2011 hat er ausgelernt und ist nun der erste Gärtner seit zwanzig Jahren, der an der MLU ausgebildet und übernommen wurde.
Norbert Schirrmeister in seinem Revier, der Systemanlage
Norbert Schirrmeister in seinem Revier, der Systemanlage (Foto: Maike Glöckner)

Auch im Sommer kann seine Arbeit manchmal unangenehm werden. „Wenn es sehr warm wird und man viel am Boden arbeitet, der noch zusätzlich Hitze abstrahlt, ist der Garten eine einzige Freiluftsauna“, sagt der 26-Jährige.

Einige Aufgaben in seiner Abschlussprüfung spielten während der Lehrzeit im Botanischen Garten kaum eine Rolle. Zum Beispiel das Straußbinden oder das Topfen mit einer Topfmaschine: „In vielen großen Betrieben läuft das alles maschinisiert ab, vom Einfüllen der Erde bis zum Wässern. Hier machen wir aber alles von Hand. Wir mischen sogar unsere Substrate selbst.“

In einem gewöhnlichen Gärtnerbetrieb wollte der Hallenser nie arbeiten. Nach der Schule hatte er zunächst angefangen, Ethnologie und Arabistik zu studieren. Dann machte er ein Praktikum im Botanischen Garten. „Da war mir schnell klar, dass das die Arbeit ist, die ich machen möchte. Eine andere Ausbildungsstelle kam für mich nicht in Frage, weil es in dieser Vielfalt nichts Vergleichbares gibt.“ Als Reviergärtner ist er im Garten vor allem für die Systemanlage verantwortlich. Hinter dem technischen Begriff verbirgt sich eine lange Reihe von Beeten mit Pflanzen, die gesät, gezüchtet und gepflegt werden wollen. „Die Systemanlage zeigt, wie Pflanzen geordnet und kategorisiert werden können ‒ etwa nach der Anzahl der Keimblätter oder nach den Verwandtschaftsbeziehungen“, erklärt er. „Meine Aufgabe ist es hier, ein Gleichgewicht herzustellen. Einige Arten wuchern sehr stark und müssen zurückgeschnitten werden, andere gedeihen schlechter.“

Im Sommer heißt das: Gießen, Unkraut jäten, nebenbei Samen sammeln und vor allem „das Chaos unter Kontrolle halten“. Wenn die Saison vorbei ist, werden dann die Zwiebeln und Rhizome aus der Erde geholt, die den Frost nicht überstehen würden. Einjährige Pflanzen müssen ausgerissen und Samenstände zurückgeschnitten werden. In den Wintermonaten bleibt Zeit, um Maschinen und Werkzeuge zu warten, im Januar fängt bereits die Aussaat wieder an. Im Frühling wird dann angezüchtet, ausgesät und angepflanzt.

Für Schirrmeister hört die Gartenarbeit nach dem Feierabend aber nicht auf. Auch privat hat er viele Pflanzen und pflegt nebenbei den Garten seiner Oma. „Der Wunsch, Gärtner zu werden, ist bei mir im Leben so gewachsen“, sagt er. „Ich war schon als Kind gern im Garten und das Interesse an dieser Arbeit ist immer bestehen geblieben. Damit, dass meine Ausbildung hier in einer Stelle übergegangen ist, ist für mich auch ein Traum in Erfüllung gegangen."

Der Botanische Garten hat bis 29. Oktober montags bis freitags von 14 bis 18 Uhr und am Wochenende und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Mehr Informationen unter: http://www2.biologie.uni-halle.de/bot/boga/

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