Orientalisten im Einsatz

24.04.2014 von Melanie Zimmermann in Studium und Lehre, Campus
Bei der Arbeit mit syrischen Flüchtlingskindern oder im Krankenhaus sind sie gefragt: Studierende und Wissenschaftler am Orientalischen Institut der Universität Halle setzen ihr Wissen in Halle ganz praktisch ein. Zwei aktuelle Projektezeigen eindrucksvoll, wo die "Exoten" aus den sogenannten Orchideenfächern heute überall gebraucht werden.
"Mit den Schülern können wir die Sprache wirklich anwenden." - Sarah Müller und Eva-Maria Thiele bringen syrischen Schülern Deutsch bei.
"Mit den Schülern können wir die Sprache wirklich anwenden." - Sarah Müller und Eva-Maria Thiele bringen syrischen Schülern Deutsch bei. (Foto: Melanie Zimmermann)

Wie man arabischsprachigen Eltern erklärt, welche Regeln es in der Kinderonkologie zu beachten gilt, war eine der Fragen, die sich Rehabilitationspädagogin Annette Hentschel vom Universitätsklinikum Halle stellte, als sie sich mit der Idee einer Krankenhausbroschüre auf Arabisch an das Institut für Orientalistik wandte. „Sinnvoll machbar war das nur im Seminarrahmen“, so Björn Bentlage, Dozent der Arabistik. Weshalb es im vergangenen Wintersemester zur Kooperation seines Master-Seminars „Fachübersetzen Arabisch“ mit dem ASQ-Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ der interkulturellen Trainerin und MLU-Absolventin Dr. Sara Binay kam.

„Mithilfe von deutschsprachigen Patienten- und Ärzteratgebern und einer arabischsprachigen Krankenhaus-Serie untersuchten wir in den Seminarsitzungen Differenzen der kulturellen Kontexte“, erzählt Bentlage. Das Resultat nach etwa fünf Wochen war eine arabisch-deutsche Broschüre mit einem ganz neuen Text im „Kommando-Stil“. „Während die deutschsprachige Broschüre – die es dank einer Eigenintitiative der Schwestern der Kinderonkologie bereits gab – von Angehörigen allein angeschaut wird, wird die zweisprachige vor allem zusammen mit einer Schwester im Krankenhaus durchgeblättert, so dass klare Regeln leicht erfassbar sein müssen für die arabischen Eltern“, weiß Bentlage.

Die Übersetzung ins Arabische war für die Studierenden keine leichte Übung, denn üblicherweise wird im Seminar ausschließlich vom Arabischen ins Deutsche übersetzt. Gewinnbringend war das Projekt also für beide Seiten: „Durch das Anfertigen der Broschüre wurde deutlich, dass diese Übersetzungsrichtung im Studium fehlt, weshalb sie zukünftig integriert werden soll.“

Ein Novum für Schüler und Studierende

Diesem möglichen Defizit begegnen einige Studierende im Rahmen eines weiteren Projekts des Orientalischen Instituts mit einem Sprung ins kalte Wasser, indem sie 15 syrische Flüchtlingskinder unterrichten. Gemeinsam mit Dr. Stefan Knost vom Institut für Orientalistik hat Lehrer Uwe Böge eigens für die ausschließlich Arabisch sprechenden Schüler an der Kastanienschule in Halle-Neustadt das Fach „Deutsch als Fremdsprache“ (DAF) eingeführt, um sie nicht im für sie hieroglyphisch anmutenden fremdsprachigen Unterricht untergehen zu lassen.

„Im Idealfall können die syrischen Kinder durch Erlernen der Sprache dem deutschsprachigen Unterricht folgen und einen besseren Schulabschluß erlangen“, so der Wunsch des Lehrers. Sarah Müller und Eva-Maria Thiele, Studierende des Bachelorstudiengangs Nahoststudien, betrachten ihre Lehrtätigkeit auch für sich als profitables Unterfangen: „Es ist eine Herausforderung, weil wir im Studium Arabisch hauptsächlich theoretisch lernen. Mit den Schülern können wir die Sprache wirklich anwenden“, erzählt die 21-jährige Müller.

„Und weil es Kinder im Alter von elf bis 17 Jahren sind, hat man weniger Angst vor Fehlern und traut sich auch mal nachzufragen.“ Und auch das Unterrichten an sich ist für die beiden ein Novum: „Wir sind keine Lehramtsstudierenden und müssen uns selbst überlegen, wie man etwas vermittelt. Auch das ist eine interessante Erfahrung“, so Thiele.

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