„Einige waren Nachbarn“: Holocaust-Ausstellung im Juridicum

14.03.2019 von Laura Krauel in Varia
Sie waren Nachbarn, Klassenkameraden, Kollegen oder sogar Freunde der Opfer: Trotzdem nahmen viele Menschen die Verbrechen des Nationalsozialismus hin oder waren aktiv daran beteiligt. Eine Ausstellung des United States Holocaust Memorial Museum zeigt historische Aufnahmen zu Täterschaft, Mitläufertum und Widerstand während des Holocaust. Sie ist bis zum 13. April im Juridicum der Universität zu sehen.
Eine der historischen Aufnahmen, die die Ausstellung im Juridicum zeigt.
Eine der historischen Aufnahmen, die die Ausstellung im Juridicum zeigt. (Foto: Laura Krauel)

Ein Schwarz-Weiß-Foto zeigt drei Frauen neben einem Soldaten auf der Straße. Gut erkennbar trägt eine von ihnen mehrere Habseligkeiten. Der Soldat scheint die Situation genau zu bewachen. Dahinter stehen Kinder, die die Szene beobachten, im Fenster eines Hauses sind außerdem mehrere Erwachsene zu erkennen. Sie sehen zu, wie jüdische Frauen und Männer im Oktober 1940 zu Lastwagen geführt werden, um sie aus Deutschland zu deportieren.

Das Foto ist neben weiteren historischen Aufnahmen Teil der Ausstellung „Einige waren Nachbarn: Täterschaft, Mitläufer und Widerstand während des Holocaust“. Sie beleuchtet die unterschiedlichen Verhaltensweisen, mit denen die Menschen zur Zeit des Nationalsozialismus auf das Schicksal ihrer jüdischen Klassenkameraden, Kollegen, Nachbarn und Freunde reagierten. Dabei hebt sie Situationen hervor, die die Entscheidungen und Handlungen Einzelner während des Holocaust zeigen – und macht deutlich: Ohne die Mitwirkung zahlloser Menschen wären die Verbrechen nicht möglich gewesen. Die Ausstellung erinnert aber nicht nur an Täterschaft und Mitläufertum, sondern mit einigen Aufnahmen auch an Menschen, die den Verfolgten mit Zeichen der Solidarität beigestanden oder mit aktiven Rettungsversuchen geholfen haben. Videoaufnahmen machen das Geschehene für die Ausstellungssbesucher noch intensiver erfahrbar: Sie zeigen Menschen, die 1941 ihre Nachbarn öffentlich demütigen, aber auch Berichte eines Holocaust-Überlebenden und einer Helferin.

Bis zum 13. April ist die Ausstellung an der halleschen Universität zu sehen. Sie wurde im Februar im Deutschen Bundestag in Berlin präsentiert - erstmals überhaupt in Deutschland - und kann nun im Juridicum besichtigt werden. „Es ist nicht irgendeine Ausstellung, sondern eine besondere mit einem sehr verantwortungsvollen Thema“, sagte Rektor Prof. Dr. Christian Tietje am Abend der Ausstellungseröffnung. Es ehre die Universität Halle, als Veranstaltungsort ausgewählt worden zu sein, so Tietje. Auch Timothy Eydelnant, US-Generalkonsul für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Klaus Mueller, europäischer Repräsentant des Holocaust Memorial Museum, und Max Privorozki, Vorsitzender des Landesverbands Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt, begrüßten die Besucher.

Zur Ausstellung gibt es auch ein Begleitprogramm. In einem Vortrag am Dienstag, 19. März, spricht der Historiker und Islamwissenschaftler Hans Goldenbaum über die Herausforderungen und Chancen von „holocaust education“ in der Arbeit mit Geflüchteten. Der Holocaust-Überlebende Zoni Weisz gibt am Mittwoch, 20. März, in einer Lesung Einblicke in seine Lebensgeschichte. In einer Podiumsdiskussion am Dienstag, 26. März, wird über die Erinnerungsarbeit und die Bedeutung des Gedenkens in Zeiten eines wachsenden Antisemitismus diskutiert.

Die Ausstellung wird von Miteinander e. V. in Kooperation mit dem United States Holocaust Memorial Museum und der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Halle präsentiert. Gefördert wird sie von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“.
 

Ausstellung „Einige waren Nachbarn: Täterschaft, Mitläufertum und Widerstand während des Holocaust“
Zweigbibliothek Rechtswissenschaft, Juridicum
13. März bis 13. April 2019
montags bis samstags 8 - 17 Uhr, sonntags 14 -17 Uhr
Universitätsplatz 5, 06108 Halle

Weitere Informationen und Führungs-Termine im Veranstaltungs-Flyer

 

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