Zeitumstellung: Die Sommerzeit sorgt für Unzufriedenheit – aber nur kurzfristig

21.03.2017 von Tom Leonhardt in Forschung, Wissenschaft
Am 26. März werden die Uhren in der Nacht wieder eine Stunde vorgestellt. Das sorgt nicht nur bei Langschläfern für Unmut: In weiten Teilen der Bevölkerung verursacht die Zeitumstellung einen Mini-Jetlag, Konzentrationsprobleme und eine schlechtere Stimmung. Die Effekte halten bis zu zwei Wochen an. Wirtschaftsforscher der Unis in Halle und Nürnberg haben herausgefunden, welche Bevölkerungsgruppen am meisten davon betroffen sind und auch mögliche Gründe dafür benannt.
Die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit macht viele Menschen unzufrieden.
Die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit macht viele Menschen unzufrieden. (Foto: fotolia.com)

Eigentlich soll die Sommerzeit den Menschen Freude bereiten: Durch die Umstellung ist es in den Abendstunden länger hell. Dadurch lässt sich, so die Überlegung, gleichzeitig auch Strom sparen. Mehr Tageslicht bedeutet schließlich weniger künstliches Licht. Eine gute Idee, doch die Realität sieht anders aus: „Die Umstellung auf die Sommerzeit hat zumindest kurzfristig einen negativen Effekt auf die Zufriedenheit der Menschen“, sagt der hallesche Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Christoph Wunder. Gemeinsam mit dem Ökonomen Dr. Daniel Kühnle von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat er die Folgen der Zeitumstellung im Frühling und im Herbst in Deutschland und Großbritannien untersucht.

Prof. Dr. Christoph Wunder
Prof. Dr. Christoph Wunder (Foto: Maike Glöckner)

Dazu analysierten die Forscher Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der britischen Studie „Understanding Society“. Beim SOEP handelt es sich um eine Langzeitstudie, bei der seit mehr als 30 Jahren über 12.000 Privathaushalte in regelmäßigen Abständen zu ihren Lebensumständen befragt werden. Die Auswertung der Daten zeigte, dass vor allem Berufstätige mit Familie in den ersten Tagen nach der Zeitumstellung im Durchschnitt deutlich unzufriedener sind. „Wenn wir Zeit als Ressource verstehen, fehlt uns durch die Zeitumstellung zunächst eine Stunde“, erklärt Wunder. Besonders deutlich seien die Effekte bei Familien mit jungen Kindern, die mehr Probleme mit der neuen Zeit haben.

Nichterwerbstätige sowie Menschen, die in Haushalten ohne Kinder leben, können wahrscheinlich flexibler auf die Zeitumstellung reagieren, weshalb sich ihre Stimmung nur unwesentlich verändert. Ob Langschläfer oder Frühaufsteher stärker von der Zeitumstellung betroffen sind, konnten die Forscher übrigens nicht herausfinden: Dazu gibt es im SOEP keine Angaben. „Wir konnten insgesamt aber auch keine dramatischen Effekte beobachten“, gibt der Wirtschaftswissenschaftler Wunder Entwarnung. Nach ein bis maximal zwei Wochen waren die negativen Folgen in der Regel wieder verpufft. Die Umstellung auf die Winterzeit im Oktober hat dagegen keinen messbaren Effekt auf die Zufriedenheit.

Ob man aufgrund dieser Ergebnisse die Sommerzeit gänzlich abschaffen sollte, will Wunder nicht beurteilen: „Wir haben nur kurzfristige, subjektive Effekte gemessen. Eine komplette Kosten-Nutzen-Rechnung lässt sich daraus nicht ableiten.“ Auch die wirtschaftlichen Effekte ließen sich mit der Studie nicht benennen. Aber: Einen sensibleren Umgang in den Tagen nach der Zeitumstellung kann sich der Ökonom sehr wohl vorstellen. So könnten etwa Arbeitgeber durch flexiblere Arbeitszeiten und Schulen durch prüfungsfreie Tage den Übergang entspannter gestalten.

Zur Publikation:

Kuehnle, D. & Wunder, C. J Happiness Stud (2016) 17: 2293. doi: 10.1007/s10902-015-9695-8

Kontakt: Prof. Dr. Christoph Wunder
Ökonometrie und empirische Wirtschaftsforschung
Tel.: +49 345 55-23380
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