"Ich steche gern mal ins Wespennest"

14.11.2011 von Claudia Misch in Studium und Lehre, Campus
Bester deutscher Nachwuchsprediger – so darf sich Tim Dornblüth nennen, der seit 2010 an der MLU Evangelische Theologie auf Pfarramt studiert. Im Interview erzählt der 20-jährige gebürtige Altmärker, wie es dazu kam, was ihn antreibt und was für ihn eine gute Predigt ausmacht.
Theologie-Student und Nachwuchsprediger Tim Dornblüth
Theologie-Student und Nachwuchsprediger Tim Dornblüth (Foto: Michael Deutsch)

Du hast Ende Oktober den EKD-Preis „Jugend predigt“ gewonnen, wurdest damit quasi zum besten jungen Prediger gekürt. Da drängt sich der Verdacht auf, dass es nicht deine erste Predigt war.

Stimmt, ich bin kein unbeschriebenes Blatt, was das Predigen angeht. Ich engagiere mich schon länger in der Kinder- und Jugendarbeit meiner Gemeinde und habe vor zweieinhalb Jahren im Rahmen eines Kinder- und Jugendgottesdienstes zum ersten Mal selbst gepredigt. Seither habe ich öfter Gelegenheit, in meinem Heimatort Wernstedt Andachten und Predigten zu halten, zum Beispiel beim jährlichen Konfirmanden-Camp des Kirchenkreises Salzwedel. Auch hier in Halle, im Evangelischen Konvikt, besteht ab und an die Möglichkeit dazu.

Was hat dich überhaupt bewogen, dich in der Kirche zu engagieren und schließlich auch Theologie zu studieren?

Ich komme aus keinem besonders religiösen Elternhaus, wie man vielleicht vermuten würde. Vielmehr habe ich nach der Scheidung meiner Eltern die Religion für mich entdeckt, mich belesen, nachgeforscht. Im Glauben habe ich eine Quelle der Kraft für mich gefunden. Daran möchte ich auch andere – in Zukunft als Pfarrer – teilhaben lassen.

Wie kam es zu deiner Teilnahme am Predigt-Wettbewerb und worum ging es dabei?

Ein Kommilitone hat die Ausschreibung im Internet gesehen und ermunterte mich, es einfach mal zu versuchen. Erste Erfahrungen im Verfassen und Halten von Predigten hatte ich ja. Zur Auswahl standen zwei Themen: Zum einen die Geschichte von Kain und Abel. Zum anderen die Jahreslosung 2011, „Lasst euch nicht vom Bösen überwinden, sondern überwindet das Böse mit dem Guten“. Ich habe die Jahreslosung gewählt und mich in den Semesterferien im vergangenen März hingesetzt, Ideen gesammelt, meine eigenen Erfahrungen aus Bekannten- und Freundeskreis reflektiert und das dann in einer Predigt zusammengefügt.

Hast du ein „Geheimrezept“ für eine gute, mitreißende Predigt?

Ich denke, dass Authentizität am Wichtigsten ist. Die Menschen müssen zu 150 Prozent merken, dass man auch tatsächlich hinter dem steht, was man da erzählt. Eine gewisse Lust an der Provokation kann allerdings auch nicht schaden. Denn so kann man die Leute dazu bewegen, sich gedanklich mit einer Thematik zu beschäftigen, sodass sie aus der Predigt auch etwas mitnehmen. Ich steche also in meinen Predigten schon ganz gern mal ins Wespennest. Das Schreiben für die Jugendseite meiner Heimatzeitung hat mir geholfen, herauszufinden, wie weit man dabei gehen kann und sollte. Auch meine Gemeinde fand es erfrischend, dass mal ein junger Mensch seine Ansichten schildert.

In wenigen Worten, was war der Inhalt deiner Predigt?

Unter den Christen gibt es viele, die sich ihrer heute ziemlich egoistischen Umwelt so angepasst haben, dass man keinen Unterschied mehr zwischen ihnen und Nicht-Christen ausmachen kann. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die so fanatisch und idealistisch sind, dass sie in sich gefangen sind. Die Lösung für diesen Konflikt, den Plan C, sehe ich darin, die Vergebung Gottes anzunehmen. Denn er schreibt uns nicht vor, dass wir nach einem unerreichbaren Ideal streben müssen, und verzeiht auch Fehler.

Auf die Pflicht folgt die Kür – wie ging es dann weiter?

Anfang Oktober kam – fast wider Erwarten – die Einladung zum Endausscheid, bei dem von den 36 Teilnehmern nur noch zehn vertreten waren. Im Vorfeld fand ein mehrtägiger Workshop statt, bei dem Theologen und Schauspieler mit uns am Aufbau der Predigten und unserem Auftritt gearbeitet haben. Da wurden schon auch einige Dinge, die ich vorher für der Weisheit letzten Schluss gehalten habe, von den Profis relativiert, sodass sich allein die Teilnahme am Workshop bereits gelohnt hätte. Am Reformationstag stand der finale Auftritt vor der Jury um Landesbischof Ralf Meister in der Wittenberger Stadtkirche an. Die meisten Teilnehmer haben ihre Sache sehr gut gemacht, ihre Predigt teilweise künstlerisch dargestellt. Als am Abend dann der Gewinner verkündet wurde, bin ich aus allen Wolken gefallen – und war das erste Mal in der ganzen Woche sprachlos.

Zu guter Letzt: Deine Wahl auf Halle als Studienort fiel, weil…

Das ist offen gesagt einem glücklichen Zufall geschuldet. Als ich im Sommer Ferienlager-Betreuer war, habe ich einen halleschen Studenten kennen gelernt, der mir die MLU wärmstens empfohlen hat und auch noch einen freien Platz in seiner WG hatte. Als heimatverbundenem Menschen kam mir das sehr entgegen, zumal der Theologischen Fakultät ein guter und weniger konservativer Ruf vorauseilt als bei anderen Universitäten. Sowohl die Stadt als auch die Uni haben mich fast nur positiv überrascht.

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Theologie

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